Die historische Entwicklung Andalusiens ist mit Zeitaltern verbunden, in denen fremde Eroberer großen Einfluss auf die Region nahmen. Dennoch wirkten sich die fremden Eingriffe nicht nachteilig auf Andalusien aus, sondern verhalfen der spanischen Gemeinschaft zu ungeahnten Sternstunden. Ohne die Herrschaft der arabischen Maurer hätte Andalusien vermutlich nie das ‚Goldene Zeitalter’ erlebt. Doch nicht nur diese Epoche beeinflusste das Gebiet in außergewöhnlicher Weise.
Das ‚Goldene Zeitalter’ begann im 8. Jahrhundert n. Chr.
Christliche Westgoten dominierten die Region Andalusiens bis zum 7. Jahrhundert n. Chr. Zu Beginn des 8. Jahrhunderts n. Chr. drangen arabische Stämme – hauptsächlich aus dem in Marokko gelegenen Atlas-Gebirge befindliche Berberstämme – nach Andalusien vor. Aus blutigen Machtkämpfen gingen die arabischen Stämme, sogenannte Mauren, als Sieger hervor. Auf andalusischem Areal legten die Völkerstämme die Basis für Wissenschaft, Toleranz sowie relativen Wohlstand. In diesem Zeitalter war den Mauren daran gelegen, dass ihre Herrschaft anerkannt wurde. Dennoch zwangen die Mauren hiesige jüdische und christliche Bewohner nicht, von ihrem Glauben Abstand zu nehmen. Das ‚Goldene Zeitalter’ setzten die Mauren auf andalusischem Boden bis zum Ende des 15. Jahrhunderts fort. Über die Jahrhunderte hinweg eroberten christliche Könige die Region schrittweise zurück, bis Granada als letzte Bastion der Mauren im Jahr 1492 kapitulierte. Obwohl die Christen seit diesem Zeitpunkt wiederum die Oberhand über Andalusien gewonnen haben, sind die Spuren der maurischen Herrschaft bis heute nicht verweht. Eine unglaubliche Vielfalt namhafter und beeindruckender Bauwerke aus der Zeit zeugt bis heute von der Handwerkskunst der damaligen Herrscher. Inzwischen sind architektonische Zeitzeugen wie die Mezquita in Cordoba oder die Alhambra aus Granada beinahe 1.000 Jahre alt. Dieses kulturelle Erbe wird durch eine Vielzahl christlicher Kirchen, Kathedralen und anderer Bauten bereichert, deren Architektur bis heute maurische Grundzüge trägt.
Arabische Wissenschaften unterstützten das Bildungsniveau in hohem Maße
Neben handwerklichen Kunstwerken beeinflusste die arabische Wissenschaft der Mauren die Region in besonderer Weise. Wichtige Erkenntnisse aus der Mathematik, Medizin, Astronomie oder Geographie wurden häufig zuerst in arabischer Sprache auf Papier gebannt. Höfe der Kalifen waren geradezu übersät mit Wissenschaftlern. Die Entstehung zahlreicher Patios – blumengeschmückter Innenhöfe -, Gärten mit Springbrunnen oder Badeanstalten sind ebenfalls auf maurische Einflüsse zurückzuführen. Ausgeklügelte Bewässerungssysteme bildeten die Basis für reichhaltige Ernten. Zudem beweist der Blick auf die Vergangenheit, dass rund 20 Prozent des spanischen Wortschatzes auf arabischen Grundlagen basieren. Nachdem die Mauren aus Andalusien vertrieben wurden, erlebte Spanien einen wirtschaftlichen Aufschwung. Der Sieg christlicher spanischer Monarchen setzte Kapazitäten frei, von denen beispielsweise Christoph Columbus für seine Entdeckungsreisen profitierte. Im Laufe der Zeit etablierte sich Spanien als Land mit eigenem Weltreich, das – bedingt durch die Eroberung anderer Gebiete – immensen Reichtum anhäufte. Während des 16. und teilweise ebenfalls während des 17. Jahrhunderts etablierte sich das Land ebenfalls als international führende Seefahrernation, deren Flotte auf allen Weltmeeren zu Hause war.
Andalusische Häfen als Umschlagplätze für den Handelsverkehr
Von überaus großer Bedeutung waren für diese Entwicklung die andalusischen Häfen, da Sevilla zeitweise als Hauptumschlagplatz für den Handelsverkehr mit Amerika galt. Dieser Handel trug zu einer nachhaltigen Veränderung der wirtschaftlichen Entwicklung Europas bei, da neue Lebensmittel wie Mais, Tomaten, Kartoffeln oder Genussmittel wie Tabak im- sowie exportiert wurden. Im Gegensatz zu den wirtschaftlichen Veränderungen entwickelten sich geistige und wissenschaftliche Errungenschaften ins Negative. Wichtigster Grund für diese Tendenz war der starke Einfluss der katholischen Kirche, in deren Namen gesamte Völker ausgerottet wurden. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts verloren das Land – und somit auch Andalusien – die Weltherrschaft auf dem Meer. Aufgrund des spanischen Erbfolgekriegs gelangte das andalusische Gibraltar in die Hände der Engländer und gilt bis heute als englische Enklave mit Sitz in Spanien. Schrittweise folgten weitere Rückschläge wie der Verlust von Cádiz als Handels-Monopol mit der neuen Welt oder der Zerfall des spanischen Kolonialreiches.
Auf Tiefen folgten Höhen
Während des 20. Jahrhunderts erlitt Spanien – im Gegensatz zu zahlreichen anderen Ländern Europas – während der beiden Weltkriege keinerlei Schäden. Dennoch war das 20. Jahrhundert von eklatanten sozialen Spannungen bestimmt, die letztendlich in der Diktatur resultierten. In den 1930ern gelangte die Zweite Republik an die Macht, die im drei Jahre andauernden Bürgerkrieg mit General Franco als Führer bekämpft wurde. Zahlreiche Menschen fielen diesem Krieg zum Opfer, aus dem Franco letztendlich als Sieger hervorging. Bis zu dessen Tod im Jahr 1975 hatte diese Diktatur Bestand. Nachdem Juan Carlos I. als König Spaniens gekrönt wurde, erfolgte im gesamten Land eine Liberalisierung und Öffnung zum restlichen Kontinent Europa. Spanische Provinzen gingen aus dieser Entwicklung ebenfalls als Gewinner hervor, indem Andalusien beispielsweise den Status einer Autonomen Region erhielt. Eine neue Epoche des wirtschaftlichen Aufschwungs ist in Andalusien unter anderem durch den wachsenden Tourismus gekennzeichnet. Ob sich der Beitritt zur Europäischen Union maßgeblich auf eine Etablierung der landwirtschaftlichen Branche auswirkt, bleibt abzuwarten.